Nachweis von TDP-43 in der Riechschleimhaut
Am Welt-Alzheimertag richten wir unseren Fokus auf innovative Forschung, die die Diagnose und das Verständnis neurodegenerativer Erkrankungen revolutionieren könnte. Eine Studie von Fontana et al. (2023), veröffentlicht in Alzheimer’s & Dementia, untersuchte, ob ein Protein, das eng mit der frontotemporalen Demenz (FTD) verknüpft ist, mittels eines einfachen, nicht-invasiven Tests identifiziert werden kann.
Das Protein: TDP-43
TDP-43 ist ein Protein, das in mehreren neurodegenerativen Erkrankungen fehlgefaltet vorliegt und toxische Aggregate bildet – darunter bei der frontotemporalen lobären Degeneration mit TDP-43-Pathologie (FTLD-TDP) und der amyotrophen Lateralsklerose (ALS). Bislang erwies sich der Nachweis von TDP-43-Pathologie bei lebenden Patient:innen als äußerst schwierig, da es weder zuverlässige Biomarker in Körperflüssigkeiten noch geeignete Bildgebungstracer gibt.
Dreifach-Vergleich:
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Alzheimer-Krankheit (Amyloid-Plaques)
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Amyotrophe Lateralsklerose (TDP-43-Aggregate)
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Parkinson-Krankheit (Lewy-Körperchen)
Die Methode: Probenentnahme aus der Riechschleimhaut
Fontana et al. (2024) optimierten einen Seeding Amplification Assay (SAA), um die TDP-43-Seeding-Aktivität nachzuweisen – den Prozess, bei dem fehlgefaltete Proteine weitere Fehlfaltungen anstoßen. Anstelle invasiver Gehirn-Biopsien oder Lumbalpunktionen nutzten sie Copan-Nasopharynxabstriche, um schmerzfrei Zellen aus der Riechschleimhaut zu gewinnen. Dies ermöglichte die Gewinnung hochwertiger Proben auf patientenfreundliche Weise.
Zentrale Ergebnisse
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In postmortalen Hirnproben unterschied der Test mit 100 % Genauigkeit zwischen Fällen mit und ohne TDP-43-Pathologie.
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Bei lebenden Teilnehmer:innen waren 82,4 % der Patient:innen mit FTLD-TDP positiv, während 86,7 % der gesunden Kontrollpersonen negativ getestet wurden.
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Phosphoryliertes TDP-43 konnte direkt in Nervenzellen der Riechschleimhaut nachgewiesen werden.
Warum das wichtig ist
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass ein einfacher Nasenabstrich künftig zu einem leistungsstarken Diagnosewerkzeug für den Nachweis von TDP-43-Pathologie bei lebenden Patient:innen werden könnte. Dies hätte enorme Auswirkungen auf:
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Frühere und genauere Diagnosen der frontotemporalen Demenz
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Bessere Patient:innenstratifizierung in klinischen Studien
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Verbesserte Erkenntnisse darüber, wie sich TDP-43-Pathologie entwickelt und ausbreitet
Ausblick
Auch wenn es sich um eine Pilotstudie mit einer relativ kleinen Patient:innenzahl handelte, sind die Ergebnisse vielversprechend. Größere Studien werden erforderlich sein, um die Genauigkeit zu bestätigen und die Anwendbarkeit in verschiedenen Stadien und Subtypen von FTD zu prüfen.
Wichtig ist, dass die Arbeit von Fontana et al. Teil eines größeren Forschungstrends hin zu nicht-invasiver Biomarker-Entdeckung mittels Abstrich-Technologie ist. So berichteten Minelli et al. (2024) in Genes über eine Fallstudie, bei der eine metagenomische Sequenzierung eines Wangenabstrichs bei einer Patientin mit Demenz durchgeführt wurde. Die Analyse zeigte eine hohe Häufigkeit von Spirochaeten im oralen Mikrobiom, was darauf hinweist, dass orale Pathogene möglicherweise eine Rolle bei Neuroinflammation und kognitivem Abbau spielen.
Zusammen verdeutlichen diese Studien, dass einfache, patient:innenfreundliche Probenentnahmen aus Mund- und Nasenregion künftig zur frühen Erkennung und Verlaufskontrolle von Demenz beitragen könnten – und so den Weg für bessere Versorgung und therapeutische Durchbrüche ebnen.
Referenzen:
- Fontana E, Bongianni M, Benussi A, et al. Detection of TDP-43 seeding activity in the olfactory mucosa from patients with frontotemporal dementia. Alzheimer’s Dement. 2024;20:1156–1165. doi:10.1002/alz.13541
- Minelli M, Anaclerio F, Calisi D, et al. Application of Metagenomics Sequencing in a Patient with Dementia: A New Case Report. Genes. 2024;15(8):1089. doi:10.3390/genes15081089